Bündnispapier: Kinderarmut in einer reichen Stadt

Es genügt nicht zu klagen, es wird Zeit zu handeln!

Jedes sechste Kind in Mainz lebt in Armut oder ist armutsgefährdet. Das bedeutet materieller Mangel, schlechtere Bildungschancen, gefährdetere Gesundheit und eingeschränktere Entwicklungsmöglichkeiten. Die (Teilhabe-)Chancen dieser Kinder und Jugendlichen sind eingeschränkter als die anderer junger Menschen. Durch die hohen Steuereinnahmen von BioNTech ist die Stadt Mainz reich geworden. Das schreit förmlich danach, die (Teilhabe-)Chancen armer Kinder zu verbessern. 

 

Die Corona-bedingten Einschränkungen und die aktuellen Preissteigerungen haben Familien in sozial-prekären Lebenslagen besonders hart getroffen. Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander. Das alles zeigt: Kinder sind Opfer von Armut, sie geraten ohne eigenes Zutun in soziale Not.

Kinderarmut ist Familienarmut

Gleiche Chancen für alle Kinder und Jugendlichen

 

Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag 2020-2024 angekündigt, alle Möglichkeiten auf der kommunalen Ebene zu prüfen, um Armut zu bekämpfen. Nachdem die Hälfte der Wahlperiode bereits vorüber ist, wird es Zeit, den Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen.

Wir forderen eine neue sozialpolitische Offensive!

2009 war die Stadt Mainz Vorreiter und hat ein Handlungskonzept gegen Kinderarmut erarbeitet. Vieles davon ist im Konzeptstatus geblieben, Kinderarmut hat auch in Mainz zugenommen. 14 Jahre später fordern wir eine neue sozialpolitische Offensive mit dem Ziel, endlich ins Handeln zu kommen, Kinderarmut nicht nur in Sonntagsreden zu beklagen, sondern im Alltag entschieden zu bekämpfen. Dazu gehören u.a. 

  • die gezielte Unterstützung von Kindern und ihren Familien in sozial prekären Lebensverhältnissen,
  • das Starkmachen der Kinder und ihrer Eltern („Empowerment“),
  • der Aufbau einer Armut bekämpfenden Infrastruktur,
  • die Vernetzung aller verantwortlichen Akteurinnen und Akteure.

Das ist zuvörderst eine Aufgabe für die Mainzer Politik und Stadtverwaltung. Als Mainzer Bündnis fordern wie vom Oberbürgermeister und von allen Parteien im Stadtrat, Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen herzustellen.

Ursachen und Folgen sind bekannt

 

Kinderarmut wird seit Jahrzehnten diskutieren und wissenschaftlich bearbeitet. Wir wissen, in welchen Stadtteilen und Quartieren die Armut am höchsten ist. Weitere Erkenntnisbedarfe sind nicht notwendig, es gibt politischen Handlungsbedarf – im Bund, in Rheinland-Pfalz und in Mainz.

Kommission mit armuts-betroffenen Kindern

 

mit Akteurinnen und Akteuren aus Familienpolitik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, öffentlichen und freien Trägern, die

  • Wirksamkeit ergriffener Maßnahmen kontinuierlich evaluiert,
  • eine gesamtstädtische Strategie zur Prävention entwickelt,
  • verbindliche Ziele für Teilhabe, Bildung, gesundes Aufwachsen und materielle Versorgung formuliert und deren Umsetzung überprüft.

ressortübergreifende Arbeitsstruktur

 

beim Stadtvorstand für die Umsetzung der Kinderrechte und damit auch Prävention von Kinderarmut, die

  • die Umsetzung der Präventionsstrategiel, die Vernetzung der Akteurinnen und Akteure und die Beteiligung betroffener Kinder und Jugendlicher organisiert,
  • die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit ergriffener Maßnahmen evaluiert,
  • über die Umsetzung der Ziele der Öffentlichkeit berichterstattet.

besser ausgestattete soziale Arbeit

 

damit alle anspruchsberechtigten Kinder und Jugendlichen diese Leistungen auch real wahrnehmen können. Dazu gehören die

  • Entwicklung einer Strategie zur Personalgewinnung und die Übernahme von Kostenanteilen der Träger,
  • Bereitstellung ausreichender Mittel, um wirksame und nachhaltige Präventionsmaßnahmen der Stadt, von Trägern oder ehrenamtlichen Initiativen zu finanzieren.

Prioritär ist sicherzustellen

Damit sich Armut nicht verfestigt, müssen Vernachlässigungsstrukturen so früh wie möglich unterbrochen werden. Im Fokus müssen deshalb zunächst die Unterstützung von Kindern und eine Verantwortungsgemeinschaft von Kita und Grundschule stehen. Prioritär ist sicherzustellen:

  • dass alle anspruchsberechtigten Kinder einen Kitaplatz bekommen, auch und gerade Kinder von Eltern in sozial prekären Lebenslagen, denn diese haben oft keine Ressourcen, um ihr Recht auf einen Kitaplatz einzuklagen,
  • eine frühzeitige und ausreichende Sprach- und Lernförderung sowie der bedarfsgerechte Ausbau der Schulsozialarbeit,
  • eine kostengünstige Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, etwa durch Subventionierung des vorgesehenen 49-Euro-Tickets, sodass der Kostenbeitrag maximal 29 Euro beträgt,
  • ein freier bzw. vergünstigter Zugang zu allen Sport-, Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie die Schaffung von Treffmöglichkeiten auch im öffentlichen Raum,
  • die Möglichkeit, soziale Leistungen unbürokratisch zu erhalten (Beantragung an „einer Stelle“).

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